Christinas Blog

gefälschte Bilanzen?!

Vor rund einem Jahr hat es nun also in unseren Breitengraden begonnen: Covid-19, Sars-Cov-2, Corona und was es sonst noch für neue Namen oder Nummern hat. Das oft bezeichnete „normal“, wie sah das damals aus?

Eigentlich ist es wie bei einem Auto: beim Kauf ist man ganz berauscht, man zeigt es allen her, aber sobald man es gewohnt ist, ist es das Minimum von dem was man erleben möchte. Hat man mal eine Lenkradheizung, gibt man sie nicht mehr her. Wie wäre es eigentlich gewesen, hätte man die „Lenkradheizung“ beachtet, als sie noch da war?
In der Luxustheorie gilt, das was es kaum oder gar nicht gibt, erstrebenswert ist. Eigentlich ein wenig irre, denn unsere individuellen Bedürfnisse sind vollkommen irrelevant. Was zählt, ist das, was es kaum gibt.
Genau so kommt es mir auch mit diesem „ME-Time“ Trend vor. Vor Covid einen Haufen Wellnessbegeisterte, Auszeitensucher und Massen von Pilger*innen am Jakobsweg. Und jetzt, wo wir unfassbar viel besagter „ME-Time“ haben, wollen wir eigentlich nur mehr zum Wirt zurück oder Friseur, einfach mal wieder unter Leute. Alles, nur bitte keine ME-Time mehr. Ich mein, wer will schon „ME-Time“, wenn es haufenweise zur Verfügung steht?

So ähnlich läuft es auch bei Scheidungen bzw. Trennungen ab. Der Moment der Endgültigkeit, der plötzlich sichtbar macht, wie toll das Leben mit dem/der andere(n) angeblich doch war und was man doch alles gehabt hätte. Oder, noch besser: wäre der/die andere so und so gewesen, ABER DANN, dann wär es auch die/der Märchenprinz*essin gewesen.

In Wahrheit ist das alles, das selbe in Grün: eine Anleitung, die weiterhin die Unzufriedenheit fördert, in dem sie einen als Opfer des Lebens, der/dem Ex-Partner,… oder welchen auch immer anderen unveränderbaren Umständen darstellt. Die stützt, dass man dort bleibt, wo man ist, oder es verschlechtert, um weiterhin das zu beweisen was wir denken: es liegt nicht an uns, wir sind das Opfer.

Was stimmt ist, dass wir es nicht in der Hand haben: wir haben Schicksalsschläge nicht in der Hand, wir haben nicht in der Hand wie andere sich fühlen, verhalten oder wohin sie sich entwickeln. Wir haben das „WAS“ nicht in der Hand, aber wir haben das „WIE“ in der Hand. Wir können entscheiden, mit welchen Gedanken wir auf Vergangenes blicken, auf das was wir gerade tun und auf das was vielleicht noch vor uns liegt. Und wir haben es in der Hand, ob wir uns als Opfer inszenieren oder ob wir dem Leben so begegnen, wie es ist.

Am meisten fasziniert mich bei Trennungen, wenn dann so alte Lieben auftauchen, gegen die man sich (wegen der/dem Ex-Partner*in) entschieden hat und gehadert wird, weil man suggeriert, DAS wäre sie gewesen, die große Liebe. Und das ist ja auch eine geniale Sache, weil man kanns ja nicht beweisen, dass es der/die nicht gewesen wäre. Das ist wie bei einer Verschwörungstheorie: niemand kann beweisen, dass sie nicht stimmt. Das ist das Grundprinzip der Theorie.
Ich gebe zu, ich muss dann immer schmunzeln, weil man ja immer davon ausgeht, dass man ETWAS BESSERES versäumt hat, als man sich für Plan A entschieden hat. Quasi ein Plan A mit Sternchen, oder noch mehr Herzerln. Was man dabei vergisst (um eben brav im Sumpf bleiben zu dürfen): man hat sich auch gegen viele weitaus schlimmere Dinge entschieden, z.B. einen gemeinere/n Partner*in, die dritte Scheidung, Gefängnis, Single-Dasein,…

„Das Glück des verheirateten Mannes besteht in den vielen Frauen, die er nicht geheiratet hat“ (c) Konfuzius aka Dr. T. Hametner, schreibt da ein sehr schlauer Freund meines Mannes in unserem Hochzeitsalbum.

Unter dieser Betrachtungsweise schaut das mit der Bilanz schon wieder ganz anders aus: Man versäumt ja nicht nur die „vermeintlich noch schöneren“ Luftschlösser, sondern auch einen Haufen Ruinen, die man fix nicht besuchen wollte. Und das gilt bei allen Bilanzen gleichermaßen: egal ob bei den Partnerschaftsbilanzen, Besitz, Familie, Beziehungen, Arbeit, Hobbys,… was auch immer. Vielleicht gilt es sogar bei Covid.
Das wärs überhaupt: ein Virus, der einen gesünder macht.

Ich frag mich dann immer: Was werden die sagen, die uns in 3000 Jahren ausgraben und nachzuvollziehen versuchen, wie wir gelebt haben und warum wir was getan haben?
Wenn sie uns dann als ausrangiertes Vorgängermodell, dass sich weiterentwickelt hat, betrachten: was werden sie besser gemacht haben?